Das Kürassier-Regiment Graf Wrangel konnte bei Beginn des Weltkriegs auf eine nahe zu zweihundertjährige ruhmreiche Geschichte zurückblicken. Durch Preußens großen Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. am 1. Mai 1717 als Dragoner-Regiment v. Wuthenow in der Mark Brandenburg aufgestellt, wurde es bereits ein Jahr darauf nach Ostpreußen verlegt, das es seitdem nur in Kriegszeiten verlassen und in dessen Hauptstadt es seit dem Jahre 1741 seinen Standort gehabt hat. Die Feuertaufe erhielt das Regiment im ersten Schlesischen Kriege; eine schneidig gerittene Attacke im Treffen bei Austerlitz am l0. April 1742 trug ihm die Anerkennung Friedrichs des Großen ein. Von da an hat das Regiment an allen Kriegen Preußens mit Ausnahme des Feldzuges 1864 teilgenommen und sich in zahlreichen Schlachten und Gefechten besonders ausgezeichnet. Hervorzuheben sind die siegreichen Attacken in den Schlachten bei Hohenfriedberg am 4. Juni 1745, bei Groß Jägersdorf am 30. August 1757, wo die Schorlemer-Dragoner, wie sie jetzt hießen, den Russen eine Batterie mit 8 Geschützen abnahmen , und bei Zorndorf am 25. August 1758, wo das Regiment der 83 Eskadrons zählenden Reitermasse des durch diese Schlacht so berühmt gewordenen Generals v. Seydlitz angehörte und mehrfach russische Kavallerie und Infanterie über den Haufen ritt. Freilich hatte es in den beiden letzten Schlachten seinen Ruhm teuer erkaufen müssen. An Toten und Verwundeten verlor es bei Groß-Jägersdorf 4 Offiziere, 105 Mann und 164 Pferde, bei Zorndorf sogar 14 Offiziere, 199 Mann und 366 Pferde, Zahlen, die die todesverachtende Tapferkeit des Regiments erweisen. Noch stärkere Verluste erlitten die ostpreußischen Dragoner in der unglücklichen Schlacht bei Kunersdorf am 12. August 1759, in der sie wieder unter der Führung des Generals von Seydlitz standen und trotz aller Aufopferung nicht das Schicksal zu wenden vermochten. Drei Offiziere, 127 Mann und 273 Pferde starben den Heldentod, 15 Offiziere, 125 Mann und 105 Pferde bluteten aus ehrenvollen Wunden. Mit diesem Blutzoll stand das Regiment allen übrigen Kavallerie-Regimentern, die an der Schlacht teilgenommen hatten, voran. Stolz kann es auch dieses unglücklichen Tages gedenken. Im Feldzug 1807 finden wir das Regiment im Korps des russischen Generals Kaminskoi, der über das Verhalten der Zieten-Dragoner in der Schlacht bei Heilsberg am 10. Juni 1807 wie folgt berichtet: ,,Nicht weniger Ruhm als die beiden Eskadrons Prittwitz-Husaren hat sich das Regiment v. Zieten dadurch erworben, daß es mit fünf schwachen Eskadrons zwei feindliche gepanzerte Kürassier-Regimenter völlig geschlagen und bis auf die feindliche Infanterie geworfen, auch mehrere Artilleristen in den Batterien sowie nachher ein ganzes Bataillons-Karree niedergehauen hat." Im November des gleichen Jahres erhielt das Regiment die Bezeichnung ,,Kürassier-Regiment von Zieten", ein Jahr später bei der Neueinteilung der preußischen Armee die eines ,,Ostpreußischen Kürassier-Regiments". In den Befreiungskriegen erwarb es sich neuen Ruhm durch erfolgreiche Attacken in der Schlacht bei Groß-Görschen am 2. Mai 1813, wobei der spätere Chef des Regiments, damalige Rittmeister v. Wrangel, durch umsichtiges und tapferes Verhalten die Aufmerksamkeit auf sich lenkte, ferner in den Gefechten bei Haynau am 26. Mai und bei Liebertwolkwitz am 14. Oktober 1813. Für seine hervorragenden Leistungen in der Schlacht bei Leipzig wurde dem Regiment die Ehre zuteil, den Großfürsten Constantin von Rußland zum Chef zu erhalten. ,,Das Ostpreußische Kürassier-Regiment", so äußerte sich der russische Kavalleriegeneral Graf Pahlen, unter dessen Befehl es bei Leipzig gestanden, hat bei den verschiedenen Angriffen an den vergangenen Tagen einen Mut bewiesen, in dem es von keiner Kavallerie der Welt übertroffen werden kann." Zu einem besonderen Ehrentage wurde der 14. Februar 1814, an dem das Regiment unter der Führung des Majors v. Wrangel den Rückzug Blüchers nach der unglücklichen Schlacht bei Etoges gegen die nachdrängende feindliche Infanterie erfolgreich deckte und sich zu guter Letzt noch durch das französische Kavalleriekorps Grouchy von dem es völlig umzingelt war durchschlug. In Erinnerung an diesen ruhmesvollen Tag ernannte König Friedrich Wilhelm IV. am 16. September 1845 den Generalleutnant v. Wrangel zum Chef des Regiments. Im Feldzuge 1866 nahm es in der Armee des Prinzen an den Schlachten bei Trautenau und Königgrätz teil. Der greise Generalfeldmaschall Graf v. Wrangel ließ es sich trotz seines hohen Alters von 82 Jahren nicht nehmen sein geliebtes Regiment ins Feld zu begleiten. Mitten unter seinen braven Kürassieren konnte der Veteran in Feindesland am 15 .August das seltene Fest des 70jährigen Dienstjubiläums feiern, aus welchem Anlaß dem Regiment der Name seines Chefs verliehen wurde. Im Kriege 1870/71 sehen wir das Ost-preußische Kürassier-Regiment Nr. 3 Graf Wrangel im Verbande der 1. Kavallerie-Division bei Colombey-Nouilly, Gravelotte, vor Metz und in den Kämpfen an der Loire frischen Lorbeer an seine Standarte heften. Der ruhmreichen Taten ihrer Vorfahren eingedenk zogen die Wrangelkürassiere am 1. August l9l4 gegen Rußland ins Feld. Wieder gehörten sie der 1. Kavallerie-Division an, die gemeinsam mit dem 1. Armeekorps den Schutz der Ostgrenze Ostpreußens zu übernehmen und den Aufmarsch der 8. Armee zu sichern hatte. Aus diesen ersten Tagen des Weltkrieges, in denen das Regiment mehrfach bis über die Grenze vorstieß, ist die erfolgreiche Aufklärungstätigkeit der 2. Eskadron und ihr Gefecht gegen einen zehnfach überlegenen Gegner bei Schirwindt am 5. August hervorzuheben. Sie fand die besondere Anerkennung des Divisionskommandeurs. In überholender Verfolgung der bei Gumbinnen am 20. August geschlagenen Russen gelangte das Regiment weit in den Rücken des fliehenden Gegners, nahm ihm 500 Gefangene ab und fand nach anstrengendem Nachtmarsch mitten durch die feindlichen Linien hindurch den Anschluß an die inzwischen wieder zurückgegangene Division. Vor und während der Schlacht bei Tannenberg war diese mit der für das Gelingen des geplanten Vernichtungsschlages ausschlaggebenden Deckung des Rückens der 8. Armee gegen die von Osten heranrückende Armee Rennenkampf betraut, eine Aufgabe, die an Mann und Pferd außerordentliche Anforderungen stellte und glänzend gelöst wurde. Am 29. August zusammen mit den litthauischen Dragonern zur Verfolgung der auf Ortelsburg zurückflutenden Russen angesetzt, stieß das Regiment in den folgenden Tagen bis über die Südgrenze der heimatlichen Provinz vor, um vom 3. September ab die Aufklärung südlich der Masurischen Seen zu übernehmen. In der nach diesen Seen genannten Schlacht focht es am 5. und 6. September bei Johannisburg, am 7. bei Bialla, am 9. bei Lyck. Dem wiederum geschlagenen Gegner folgend, zog es am 13. September in Suwalki ein. In den folgenden Tagen versuchte die 1.Kavallerie-Brigade zusammen mit der 3. Reserve Division den Südrand des Augustower Fortes und damit den Weg in den Rücken der russischen Stellungen am Bobr zu gewinnen, mußte aber am 23. September der nördlich Lomsha kämpfenden Landwehr-Division Goltz zu Hilfe eilen und kam in der Verfolgung des weichenden Gegners bis auf 20 km an die feindliche Festung heran. Von überlegenen russischen Kräften angegriffen, ging sie am 29. September nach tapferer Gegenwehr bis au die Reichsgrenze südlich Lyck und weiter nach Nordosten zurück und vereinigte sich am 5. Oktober am Ostrand der Romintener Heide wieder mit ihrer Division, die hier eine feste Stellung bezog. Während der anschließenden Kämpfe, in denen der Russe die Front der schwachen 1. Kavallerie Division mit aller Macht zu durchbrechen versuchte, zeichnete sich das Regiment besondere am 28. und 29. Oktober aus und erlitt erhebliche Verluste. Anfang November nahm es an den siegreichen Abwehrkämpfen nördlich der Romintener Heide teil. Als dann Mitte des Monats die 8. Armee vor der russischen Über macht in die vorbereiteten Stellungen hinter der Angerapp zurückgehen mußte, deckte die 1. Kavallerie Division nördlich Gumbinnen bis zur Inster die Nordflanke der Armee. Obgleich das gegenüberstehende russische Kavalleriekorps Gurko nahezu zweieinhalbmal so stark war, gelang es den deutschen Reitern im Laufe des Dezember doch, den Gegner in dauernden Gefechten nach und nach bis an den Schoreller Forst (nördlich Pillkallen) zurückzudrängen. Im Februar 1915 während der Winterschlacht in Masuren stieß die Division auf dem linken Flügel der 10. Armee in Gewaltmärschen auf Grodno vor, um dem geschlagenen Gegner den Rückzug hinter den Njemen zu verlegen. An den schweren Kämpfen, die sich westlich der Festung aus dem Bestreben der Russen, sich der Umklammerung zu entziehen, entwickelten, wirkten die Wrangelkürassiere in hervorragen dem Maße mit. Nach vielfachen Kreuz- und Querzügen und zahlreichen Gefechten an und westlich des Njemen zwischen Grodno und Olita wurde das Regiment in eine vorbereitete Stellung an der Szeszupa südwestlich Kalwarja zurückgenommen, in der es am 29. und 30. April heftige Angriffe weit überlegener feindlicher Kräfte abwies. Es folgten von Mitte Mai an die Kämpfe an und im Kownoer Wald, im Juni und Juli Gefechte bei Kalwarja, östlich Marjampol und südwestlich Kowno, im August der Vorstoß nördlich um die am 17. August in deutsche Hand gefallene Festung herum gegen die Straße nach Wilkomierz und über diese hinweg in der Richtung auf Wilna, aus dem heraus der Russe mit starken Kräften in den letzten August- und ersten Septembertagen zu heftigen Gegenangriffen schritt. Sieben Tage hindurch hatte sich das Regiment mit den übrigen Teilen der 1. Kavallerie-Division einer vielfachen feindlichen Übermacht zu erwehren. Immer wieder brachen die Anstürme des Gegners im Abwehrfeuer der ostpreußischen Kürassiere zusammen. Für ihr hervorragendes Verhalten erntete die Division das Lob des Generalfeldmarschalls v. Hindenburg. Im September nahm das Regiment während der Schlacht bei Wilna an dem Vorstoß des Kavalleriekorps Garnier von Wilkomierz auf Smorgon tief in den Rücken der Russen teil. Nach sieben anstrengenden Tagemärschen wurde der russische Etappenort am Morgen des 15. erreicht und von der Vorhut der 1. Kavallerie-Brigade (3. Kürassiere 3 und 4. Dragoner 1) nach kurzem Kampfe genommen. Ungeheure Vorräte fielen hier in deutsche Hände. Über Smorgon hinaus stieß die Brigade noch 30 km weit nach Westen vor, fing zahlreiche Kolonnen und Truppentransporte ab und wich schließlich vor heraneilenden starken Kräften unter ständigen Gefechten auf Smorgon aus, wo sie auf dem westlichen Wilijaufer eine Brückenkopfstellung besetzte. Am 19. und 20. September wurde diese von einer erdrückenden Übermacht angegriffen. Die 1. Kavallerie-Division leistete verzweifelten Widerstand, um die Wilijabrücken für die nachfolgende Infanterie offen zuhalten, mußte Smorgon aber schließlich doch unter erheblichen Verlusten räumen, wobei sich die in der Nachhut fechtenden Wrangel-Kürassiere besonders hervortaten. Auch diesmal fand die Division für ihre ausgezeichnete Haltung die lobende Anerkennung des Generalfeld- marschalls v. Hindenburg, und in einem erbeuteten Befehl des gegenüberstehenden russischen Armeeführers wurde die Tüchtigkeit der deutschen Kavallerie der russischen als Vorbild hingestellt. In dem nachfolgenden Stellungskrieg hatte das Regiment noch schwere Kämpfe, so am Dryswjaty-See, zu bestehen. Anfang November 1915 kam es als Küstenschutz nach Kurland, wo es sich nach den außerordentlichen Anstrengungen der letzten Monate erholen und auffrischen konnte. Hier blieb es bis Ende August 1917, um alsdann an dem Angriff gegen den Rigaer Brückenkopf und dem anschließenden Stellungskampfe nördlich der Düna teilzunehmen. Am 1. November wurde es zur Bandenbekämpfung im Kreise Wilkomierz ein- gesetzt. Nach dem Abbruch der Friedensverhandlungen von Brest-Litowsk am 18. Februar 1918 machte es den Vormarsch auf Petersburg mit und zog am 5. März in das nur 80 km von der russischen Hauptstadt entfernte Narwa ein, das es bis Anfang Mai besetzt hielt. Die 2. Eskadron war schon im Februar aus dem Regimentsverband ausgeschieden und zu der neugebildeten Ostsee-Division getreten, mit der sie an dem Befreiungskampfe Finnlands gegen die Bolschewiken teilnahm. Während der letzten Monate des Krieges sehen wir das Regiment in der Ukraine, in der Gegend 180 km südöstlich Kiew, im anstrengenden Polizeidienst gegen immer von neuem auftauchende plündernde und mordende Banden. Nach Abschluß des Waffenstillstandes auf dem Rückmarsch begriffen, wurden die 1. und 4. Eskadron am 9. Dezember, das ganze Regiment am frühen Morgen des 14. beim Sammeln von zahlenmäßig weit überlegenen Petljura- Banden überfallen und mit verheerendem Feuer überschüttet, dem noch 17 brave Reiter zum Opfer fielen. Noch ein letztes Mal bewährten hier die Wrangelkürassiere ihren alten Kampfgeist, noch einmal zeigten sie sich ihrer ruhmbedeckten Vorfahren wert; in erbittertem Nahkampf vernichteten sie den heimtückischen Feind und bahnten sich den Weg in die Heimat die sie nach langen Märschen in der altgewohnten Zucht und Ordnung am legten Februartage 1919 unter der Führung des schwedischen Oberstleutnants Graf v. Hamilton, späteren Kommandeurs des Husaren-Regiments Smalands Nr. 4 erreichten. Wenn das nun schon über 200 Jahre alte Regiment unter dem Zwange des Friedensvertrages von Verailles auch der Auflösung verfiel, so leben die Taten der ostpreußischen Panzerreiter doch weiter in der Traditionseskadron der 6./Reiter-Regiments 2 und in der Geschichte Ostpreußens und seiner alten Krönungsstadt Königsberg.