Mars-la-Tour. 16. 8. 1870. Um zwei Uhr nachmittags war die Schlacht in die Krisis getreten. Es war einer jener Augenblicke, wo Völkerschicksale entschieden werden. Die brandenburgische Infanterie des III. Korps stand in schwerem Kampf in der Linie Flavigny-Vionville. Dem Umfassungsversuch des franzosischen VI. Armeekorps durch die Tronviller Büsche hatte der kommandierende General von Alvensleben nur 3,5 schwache Bataillone der 57. Infanterie-Brigade entgegenwerfen können. Da überbrachte der Chef des Generalstabs, Oberst von Voigts-Rhetz, dem General von Bredow den Befehl, mit seiner 12. Kavallerie Brigade (7. Kürassiere, 16. Ulanen) anzugreifen. Eine Aufgabe lag vor der Brigade von schlachtentscheidender Bedeutung ; Lorbeeren winkten, wie sie seit den Tagen von Seydlitz und Ziethen noch selten preußische Kavallerieregimenter pflücken durften. Ohne Zaudern setzte General von Bredow seine Regimenter zur Attacke an. Er führte sie aus der Stellung nordwestlich von Tronville. zunächst südlich der Chaussee Vionville - Mars-la-Tour in die Richtung von Vionville, überquerte alsdann die genannte Straße und gelangte so in die Deckung der Mulde, welche sich östlich der Tronviller Büsche von Vionville nach Bruville hinaufzieht. Hier ließ er mit Zügen rechts schwenken, gegen den östlich vorliegenden Höhenrand Abstand nehmen und aufmarschieren. Während dieser Bewegungen hatten die sämtlichen Batterien des Majors Koerber von der Höhe hart westlich Vionville die feindliche Artillerie nördlich Rezonville durch zusammengefaßtes Feuer niedergehalten und so die Attacke der Brigade Bredow auf das Wirksamste vorbereitet. Das Kürassier-Regiment links, das Ulanen-Regiment rechts, so brach die Brigade aus der Deckung in gestrecktem Galopp über den Höhenrand in das flach gewellte Gelände zwischen der Chaussee Vionville- Rezonville und der alten Römerstraße hervor. 1500 Schritt durcheilte sie ohne erhebliche Verluste, überritt die völlig überraschte feindliche Artillerielinie und hieb Bespannungs- und Bedienungsmannschaften zusammen. Dann stürmten die Regimenter weiter, nicht achtend des flankierenden Infanteriefeuers von links, einer zweiten Batterielinie und einer Infanteriekolonne entgegen. Was von der Artillerie nicht mehr fliehen konnte, warf sich auf die eigene Infanterie und wurde mit ihr zusammen niedergehauen. Gefangene in der ersten Linie sollten nicht gemacht werden, so hatte General von Bredow befohlen; unverzüglich sollte sich die Brigade auf die zweite werfen. ,,In Ausführung dieses Befehls ritt und stach das Regiment alles nieder, was sich in seinem Bereich befand," berichtet ein Mitkämpfer, ,,dem bis zum Fuß des Hügels, der die feindliche Hauptstellung markierte, gelangten Regiment brach feindliche Kavallerie in den Rücken und die Flanke ; es blieb nur nach rechts hin ein Ausweg. Indem das Regiment diesen Entschluß faßte, ging es pelemele mit französischen Kürassieren, die mit wenig Energie angriffen und von denen uns noch mehrere auf durchgehenden Pferden bis hinter unsere Infanterie begleiteten, wo sie heruntergehauen wurden, zurück. Eine weiße Linie von der Länge einer Viertelmeile bezeichnete die Bahn, auf der das Regiment 7 Offiziere und einen Portepeefähnrich, einen zugführenden Vizewachtmeister, 196 Mann und 261 Pferde tot und verwundet ließ." ,,Sie haben Tod und Verderben gespien, Wir haben es nicht gelitten, Zwei Kolonnen Fußvolk, zwei Batterien, Wir haben sie niedergeritten." Die Durchbruchskämpfe bei Meschkele 19.-25. 3. 1916. Die Winterstarre des Stellungskrieges in Rußland schien zu brechen. Erhöhte Tätigkeit des Feindes im Raume von Postawy gab schon lange die bekannten Merkmale für ernste Angriffsabsichten ab. Es mußten große Ziele sein, die sich der Feind in diesem seenreichen Gelände gesteckt hatte. Auf Wilna war es augenscheinlich abgesehen. Gelang es dem Feind, auf diesen Bahnknotenpunkt die Hand zu legend so durchschnitt er die Lebensader der deutschen Nordfront. Die lange angestrebte Rückeroberung von Litauen und Kurland mußte dann das Ergebnis des siegreichen Durchbruchs werden. Vollkommen aber wurde der Erfolg mit dem Augenblick, wo auch an anderer Stelle, beispielsweise nördlich der Disna, die deutsche Front durchbrochen würde und die Frontteile zwischen beiden Einbruchsstellen zum eiligen Rückzuge gezwungen werden konnten. Seit Oktober 1915 lag das 7. Kürassier-Regiment im Verbände der zweiten Kavallerie- Division nördlich Widsy im Raume von Meschkele in Stellung. Die 8. Kavallerie-Brigade (7. Kürassiere, 12. Husaren) stützte sich mit ihrem rechten Flügel (12. Husaren) auf die beherrschende Höhe hart östlich Meschkele, während die minder günstige Lage der Schützengräben des nördlich anschließenden 7. Kürassier-Regiments durch nachhaltigen Ausbau der Stellung nach Möglichkeit ausgeglichen war. Vor dem rechten Flügel lag ein selbst bei mäßigem Frost kann. gangbarer Sumpf, feindwärts dieses Abschnitts eine beherrschende Höhe, die sogenannte Feldwachhöhe, welche aus Gründen der besonderen Geländegestaltung nicht hatte in die Hauptstellung miteinbezogen werden können. Hier oben stand ohne jede Deckung, nur einiger maßen durch die Reste eines abgeholzten Waldes den Blicken des Feindes entzogen, nun schon seit fünf Monaten abwechselnd eine Feldwache des Kürassier- und Husaren-Regiments. Wie am Narocz-See, so war auch hier Anfang März 1916 der Feind reger geworden : Fesselballons stiegen auf; auf den am Horizont verschwinden den Hügelketten wurde hin und wieder ein Auto beobachtet; eine Kleinbahnstation war dicht hinter der russischen Front angelegt, kurz - auch hier schien der Gegner nicht ruhig bleiben zu wollen. Am 18. März hatte Rittmeister Glahn die Führung der Schützen des Kürassier-Regiments übernommen. Den ganzen Tag über hatte lebhaftes Artilleriefeuer aus leichten und mittleren Kalibern auf der Feldwachhöhe und der Hauptstellung gelegen. Um drei Uhr nachts griffen die Russen mit starken Kräften die schwache Feldwache an und setzten sich 700 Meter vor der Hauptstellung auf dieser beherrschenden Höhe fest. Der Versuch aber, gleichzeitig mit einem Handstreich in die Hauptstellung einzudringen wurde von den wachsamen Kürassieren unmittelbar vor dem Drahthindernis blutig abgewiesen. Indessen, die Feldwachhöhe hielt der Feind in fester Hand und beim Morgengrauen wurde es klar, daß er die Stunden der Dunkelheit nicht unbenutzt gelassen hatte. In den gefrorenen Boden hatte er sich mit der den Russen eigenen Behendigkeit eingegraben und zahlreiche Maschinengewehre in Stellung gebracht, die auf die nahe Entfernung aus ihrer Überhöhung die Kürassierstellung unter Streufeuer hielten. Am 19. März mittags hatte Major v. Puttkamer (12. Husaren) den Brigadeabschnitt übernommen und bald darauf übermittelte er den Führern der Schützeneskadrons den Befehl der Division zum Angriff auf die Feldwachhöhe um 3.15 Uhr nach mittags. Es war eine schwere Aufgabe, die den Kürassieren und Husaren gestellt war. Angesichts des nahen Feindes sollten die Schützengräben Stellung des Kürassier-Regiments 7 bei Meschkele verlassen, das Drahthindernis sollte durchschritten und der überlegene Gegner von der steilen Höhe heruntergeworfen werden. Um 2.45 Uhr nachmittags wurde das gesamte Artilleriefeuer des Divisionsabschnittes auf die Feldwachhöhe zusammengefaßt. Um 3.05 Uhr verließen die Schützen des Kürassier-Regiments in zwei Wellen unter Führung der Leutnants Hans-Erich und Eberhard Kühne sowie des Leutnants von Koseritz, gefolgt von zwei Maschinengewehren in der dritten Linie, den Schützengraben, gewannen in stürmischem Anlauf die Sturmstellung am Fuß der Feldwachhöhe und brachen von hier in dem Augenblick gegen die russische Besetzung den steilen Berg hinauf vor, als die Artillerie ihr Sperrfeuer nach rückwärts verlegte. Der von dem Feuerüberfall schwer erschütterte Gegner kam nicht mehr zur Besinnung, als die Kürassiere mit aufgepflanztem Bajonett plötzlich auf nächste Entfernung auf ihn eindrangen. An Widerstand war nicht zu denken. Im Augenblick waren 3 Offiziere und 73 Mann gefangengenommen, 160 Gewehre und mehrere Maschinengewehre erbeutet. Der Gegner floh die Höhe hinab, dichtauf die Kürassiere und rechts von ihnen in treuer Waffenbrüderschaft die Torgauer Husaren. Nur mit Mühe konnte Rittmeister Glahn die schon so oft in schwierigen Lagen bewährten Leutnants Gebrüder Kühne und von Koseritz davon abhalten, bis in den Bereich der russischen Reserven nachzustoßen. So war die Feldwache wieder in unserem Besitz, aber am 20. März morgens legte der Gegner so schweres Artilleriefeuer auf diesen eng begrenzten Raum, daß zur Vermeidung unnötiger Verluste die Feldwache wieder in die Hauptstellung zurückgenommen werden mußte. Auch diese lag unter schwerem Feuer, das indessen den Unterständen nicht viel anhaben konnte. Als gegen Abend das Feuer nachließ, wurde Leutnant von Massow mit je 20 Mann des Kürassier- und Husaren-Regiments, sowie einem Maschinengewehr des 7. Kürassier-Regiments erneut auf die Feldwachhöhe entsandt. ,,Die Lage dort oben, in eiskalter Nacht, unter feindlichem Artilleriefeuer," so heißt es in dem Tagebuch eines Mitkämpfers, ,,den Wald 25 Meter vor der Nase, war wenig gemütlich. Massow sollte im Fall eines nächtlichen Angriffs die Höhe so lange als möglich halten, selbst auf die Gefahr hin, bei erdrückender Überlegenheit das Maschinengewehr stehenlassen zu müssen. Gegen zwei Uhr nachts wurde von der Feldwache in dem vorliegenden Walde die Annäherung russischer Kolonnen - drei Kompagnien, wie sich später herausstellte - bemerkt. Kein Wunder, daß einige Leute zu schwanken anfingen, aber der jugendliche Leutnant von Massow hielt sie auf ihrem Platz fest und feuerte erst, als die erste Linie der Russen in Schneemänteln mit Hurra aus dem Walde heraus angriff. Der Feind wich zurück, aber neue Kräfte drängten nach. Der brave Unteroffizier Döhler, der Führer des Maschinengewehrs, kommandierte laut tönend durch die Nacht: ,,Dauerfeuer." und mähte aus nächster Entfernung den Gegner nieder. Indessen die Übermacht war zu groß, es ging nur noch um Sekunden. Da befahl Leutnant von Massow die Räumung der Stellung und nun begann ein Wettlauf mit dem dichtauffolgenden Gegner nach der Hauptstellung zu. Döhler zog sein Maschinengewehr auf einem russischen Schlitten hinter sich her. Es war ein Rennen um Leben und Tod zwischen den Baumstubben, Schneeschanzen und Stolperdrähten hindurch. Da überschlug sich das Maschinengewehr, Döhler ließ es fahren, - es war ja nur ein russisches ! -und brach gleich darauf tödlich getroffen zusammen. Mit knapper Not erreichte die Feldwache das Drahthindernis kurz vor den Russen, die sofort das Hindernis durchschnitten. Aber schon war die Hauptstellung aufmerksam geworden. Leutnant Hans-Erich Kühne und der Wachtmeister Bock standen schußbereit an ihren Maschinengewehren und kaum war die Feldwache in den Schützengraben gesprungen, da eröffneten sie aus nächster Nähe ein vernichtendes Feuer. Auch die zweite Überrumpelung war mißglückt. Unter Zurücklassung von 75 Toten und Verwundeten ging der Gegner zurück. Aber wiederum saß er auf der Feldwachhöhe fest. Die Kürassiere nannten sie plötzlich die ,,Lorettohöhe". Die Division befahl erneut, die Höhe zu nehmen und hierzu stellte Major von Puttkamer dem Rittmeister Glahn eine kombinierte Eskadron von insgesamt 2 Offizieren, je 100 Mann beider Regimenter und zwei Maschinengewehre zur Verfügung. In zwei Wellen sollten die Kürassiere und Husaren, gefolgt von den Maschinengewehren in der dritten Welle, nach gründlicher Artillerievorbereitung den Angriff durchführen. Unter Führung des Leutnants der Reserve Nabel brachen die Seydlitzer genau wie zwei Tage zuvor in stürmischem Angriff den Widerstand des erschütterten Feindes. Drei Offiziere, 185 Mann blieben gefangen in unserer Hand. Am 22. 3. wurden die Schützen abgelöst und die Führung des Regimentsabschnittes dem Rittmeister der Reserve Westphal übergeben. Drei Tage war der Gegner bereits vergebens gegen die Stellung gerannt, aber noch hatte er den erhofften Erfolg nicht aufgegeben. Am 24. 3., 2.45 Uhr nachts setzte er nach kurzer Artillerievorbereitung noch einmal zum Angriff an. In vier Wellen tauchten aus dem Dunkel der Nacht zwei Kompagnien vor dem linken Flügel (1. und 3. Eskadron) und gleich darauf drei weitere Kompagnien vor dem rechten Flügel (4. und 5. Eskadron) auf. Erst dicht vor den Drahthindernissen brachten die Maschinen-Gewehre des Wachtmeisters Bock den Feind zum Stehen, aber drei frische Kompagnien drängten nach und griffen heftig die auf dem rechten Flügel liegende 5. Eskadron an. Mehrmals wiederholte sich der Angriff, aber Handgranaten und Maschinengewehre brachten ihn jedesmal kurz vor der Stellung zum Stehen. 99 Gefangene ließ der Gegner in der Hand der siegreichen Kürassiere. Aber immer noch nicht stand der Russe von seinem Vorhaben ab. Immer neue Truppen warf er in den Kampf und je mehr ihm die Aussicht schwand, bei Postawy den ersehnten Erfolg zu erringen, desto mehr versuchte er, nun hier im Raum der Kavallerie sein Angriffsziel zu erreichen. Wiederum ging gegen 2 Uhr nachts das Alarmsignal durch die Schützengräben der Kürassiere. Es war der 25. März und der sechste Tag des Kampfes. Um 2.20 Uhr vormittags überrannte der Gegner mit starken Kräften erneut die Feldwache. Sofort vereinigte sich das Feuer unserer wachsamen Artillerie auf diese blutgetränkte Höhe; aber gegen 4.15 Uhr drang der Russe noch einmal gegen den rechten Flügel der Kürassiere vor. Diesmal gelangte er nur auf 300 Meter an das Drahthindernis heran, immer wieder sammelten seine Offiziere die zaghaft gewordenen Angreifer, immer neue Kompagnien wurden in den Kampf gebracht. Indessen, nichts fruchtete. Alle Angriffe brachen blutig zusammen. 33 Gefangene blieben in unserer Hand. Allein an diesem Tage gehörten sie drei russischen Divisionen an. Vom 26.-29. 3. notiert das Kriegstagebuch des Regiments lakonisch: "Vereinzeltes schwaches Artilleriefeuer. Ausbessern der Stellung. Wasserablassen aus den Schützengräben." Die Offensive flaute ab. Nur vereinzelt zeigte der Russe noch Patrouillentätigkeit. In der dämmernden Frühe des 29. wurden die Kürassiere abgelöst. Schlammbesudelt von Kopf bis zu Fuß verließen die Leute das Gefechtsfeld. Auf tauschneedurchnäßten Wegen zogen sie singend durch die Dämmerung dahin. Denen, die mit zusammengebissenen Zähnen tage- und nächtelang schweigend ihre Pflicht getan, löste sich die Zunge . ,,Haltet aus, haltet aus. Lasset hoch das Banner wehn !" So grüßten sie das Leben, so grüßten sie den Sieg. Das war unser Mars la Tour zu Fuß.